Die kleinste Sprachgruppe der Schweiz, das Rätoromanisch, nur noch knapp 35000 Menschen sprechen diese Sprache noch im Alltag. Allmählich geht die Angst um, dass diese doch sehr faszinierende Sprache innerhalb der nächsten Jahrzehnte verschwinden wird, auch wenn im Augenblick viel unternommen wird sie zu retten. Doch auch die Rettungsaktionen sind nicht unbedingt einfach.
Zuerst einmal muss erwähnt werden, dass das Rätoromanisch nichts mit den ursprünglich in dem Gebiet ansässigen Rätier zu tun hat, es ist keine keltische Sprache, sondern wie der Name schon sagt eine romanische. Genauer gesagt ein sogenanntes Vulgärlatein. Zwar haben einige Bruchstücke der Rätischen Sprache im Rätoromanischen überlebt, doch beschränkt sich dies auf Bezeichnungen für Flora und Fauna. Das Rätische wird also ein Mysterium bleiben, denn aus den Bruchstücken die man kennt, lässt sich nicht einmal schliessen ob es eine indogermanische Sprache war.
Doch momentan sieht es so aus, als würde das Rumantsch (rätoromanische Bezeichnung für die eigene Sprache) das gleiche Schicksal ereilen, nur das man sie besser studieren konnte.
Die Sprachgrenzen im rätoromanischen Raum sind über Jahrhunderte mehr oder weniger gleich geblieben, einzig ab dem 8. Jahrhundert wurde sie langsam aber sicher in den heutigen Raum verdrängt. Die erst spät germanisierten Regionen kann man heute übrigens noch an den Ortsnamen erkennen, wie z.B. (Bad) Ragaz, Vaduz (Lichtenstein) und andere. Obwohl die Grenzen jedoch ab dem 15. Jahrhundert relativ stabil blieben bis ins 18. Jahrhundert, fehlte der Sprache ein kulturelles Zentrum. Die Stadt Chur wäre sehr geeignet gewesen dafür, doch als die Stadt Bischofsitz wurde, hielt auch dort die Germanisierung Einzug.
Das Rumantsch verlor also über die Jahrhunderte zunehmend an Boden, zusätzlich zum Fehlen eines Sprachbewusstseins, wurde ihnen die Sichtweise der deutschsprachigen zum Verhängnis, die sehr verächtlich auf diese "Bauernsprache" herabblickten. Der Begriff Kauderwelsch kommt übrigens vom mittelalterlichen Churwelsch und bezeichnet die rätoromanischen Sprecher im Bistum Chur. Auch wenn in jüngerer Zeit, also ab dem 19. Jahrhundert, das Rumantsch zusehends in die Defensive geriet, konnte es sich in den abgelegeneren Gebieten dank der Einführung der rätoromanischen Primarschule einigermassen halten, doch wurde es immer mehr aus dem Alltag verdrängt, denn Deutsch war einfach die Sprache die nötig war um mit den Menschen ausserhalb der Täler und Dörfer zu kommunizieren oder zu verhandeln.
In den 70er wurde schliesslich zur Rettung des Rumantsch von Sprachwissenschaftlern eine gemeinsame Schriftsprache entwickelt, denn die Fünf romanischen Dialekte hatten bisher ihre jeweils eigene Schriftsprache. Doch dieses Rumantsch Grischun stiess nicht überall auf Gegenliebe, man fürchtete sogar, dass diese geschaffene Kunstsprache die angestammten Dialekte noch mehr verdrängen und in Gebieten, die schon stark germanisiert sind das Romanische zusätzlich geschwächt werden würde. Auch hier fehlt die Einigkeit und es bleibt abzuwarten wie sich das weiterentwickelt, zwar sind einige Gemeinden in den Schulen auf das Rumantsch Grischun umgestiegen, aber sind es hauptsächlich solche, in denen es nur wenig Abweichungen zum lokalen Idiom gibt.
So, jetzt habe ich einiges über die Geschichte dieser Sprache geschrieben, aber für alle die zum ersten Mal von dieser Sprache hören, ist es sicher interessant zu erfahren wie sie klingt.
Im ersten Moment hört es sich ähnlich an wie Italienisch, oder ein italienischer Dialekt, doch beim näheren hinhören merkt man, dass es da Dinge gibt die das Italienische nicht kennt. Am prägnantesten sind da die Endungen auf "ziun" und im geschriebenen die Kombinationen tg s-ch oder ch-s.
Aber hören wir uns das doch mal genauer an. Das RTR (Radio e Televisiun Rumantsch) ist auch im Internet vertreten und die Radioprogramme kann im livestream mithören. Einfach den Link "live" oben links anklicken und mal reinhören.
Aber auch bei youtube kann man fündig werden, hier mal ein Einblick in einfach Worte und Sätze in Rumantsch, ich weiss leider nicht welcher der Fünf Dialekte es ist.
Was aber unbedingt auch erwähnt werden muss, ist die Hiphop-Gruppe Liricas Analas (Anal-Lyrik), die ihre Songs auf Rumantsch singen und so ihren eigenen Beitrag leisten wollen, dass das Rumantsch nicht einfach sang und klanglos davondämmert.
Und hier im Interview mit der ARD.
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